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Fake-Feuer bei Crash-Show: AXA entschuldigt sich – „Keine Schäden am Unterboden“

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Nach einem manipulierten Crash-Test mit Fake-Feuer entschuldigt sich die AXA-Versicherung. Auch die Beschädigung des Unterbodens war ausgedacht.

Update vom 5. September 2022, 15:00 Uhr: Nach einer Crash-Show mit brennendem Tesla Model S und mehreren Ungereimtheiten, die 24auto.de enthüllt hatte, bittet die AXA um Entschuldigung. „Wir bedauern, wenn wir mit der diesjährigen Ausgabe der Crashtests einen falschen Eindruck vermittelt oder Missverständnisse über Elektromobilität verursacht haben“, schreibt die Versicherung auf ihrer Schweizer Homepage: „Wir sind überzeugt, dass der Elektrifizierung eine zentrale Rolle in der Zukunft des Automobilverkehrs zukommt.“

Fake-Feuer bei Crash-Show: AXA entschuldigt sich – „Keine Schäden am Unterboden“

Gegenüber 24auto.de hatte die AXA nach dem Crashtest Manipulationen an den Elektroautos eingeräumt. So waren die Akkus entnommen worden, der Tesla war mittels Pyrotechnik entzündet worden. Nun musste die Versicherung, wiederum auf konkrete Nachfrage von 24auto.de, auch das letzte angebliche Risiko von Elektroautos widerrufen: Der gefährliche Schaden am Unterboden nach Überfahrt einer Verkehrsinsel mit Gefährdung der Akkus existierte gar nicht.

„Auch verursachte der Crashtest mit einem Modell der Marke Tesla am Unterboden des Autos keine derartigen Schäden, dass ein Batteriebrand wahrscheinlich gewesen wäre, wie es die Bilder suggerierten. Der durchgeführte Test bestätigte damit die Hypothese für dieses Unfallszenario nicht“, teilt die Versicherung mit: „Auf diesen Umstand hätten wir in der Kommunikation nach dem Test, namentlich in der Medienmitteilung und dem zur Verfügung gestellten Bildmaterial, explizit hinweisen sollen.“

Update vom 31. August 2022, 14:30 Uhr: Die AXA-Versicherung hat auf die Berichte von 24auto.de reagiert, nach denen die Autos ihrer Crash-Show manipuliert waren. Unter dem Download der Pressemeldung ist nun zusätzlich zu den spektakulären Bildern eine Erklärung zu finden, welche die Eingriffe an den Fahrzeugen bestätigt, und die Statements gegenüber 24auto.de sinngemäß wiederholt: Die Entfernung der Akkus und das selbst entzündete Feuer hätten der Sicherheit des Publikums gedient.

Akkus raus, Pyro rein: Versicherung räumt nach Fake-Feuer „geringes Brandrisiko“ ein

Allerdings ist aus der Mitteilung nicht ersichtlich, dass diese erst nach der Veröffentlichung auf 24auto.de nachgeschoben wurde. In der Zwischenzeit hatte sich der falsche – und durch seriöse Crashtests widerlegte – Eindruck, Elektroautos würden ein besonderes Risiko darstellen, in anderen (sozialen) Medien bereits verbreitet. Immerhin räumt die Versicherung nun selbst ein, dass Stromer keineswegs besonders schnell brennen: „Das Brandrisiko bei Autos, unabhängig davon, ob sie benzin- oder strombetrieben sind, ist glücklicherweise gering. Nur 5 von 10.000 Autos fallen statistisch gesehen einem Brand zum Opfer“, heißt es in der Erklärung.

Update vom 30. August 2022, 9:40 Uhr: Der angebliche Crashtest der AXA-Versicherung entpuppt sich zunehmend als Show-Veranstaltung ohne echten Erkenntnisgewinn: Wie das Unternehmen auf Anfrage von 24auto.de einräumte, befanden sich in den getesteten Fahrzeugen gar keine Akkus. Laut Pressestelle „wäre die Demonstration eines Batteriebrandes aufgrund der anwesenden Gäste zu gefährlich gewesen, weshalb die Batteriezellen der Elektroautos vor den Tests ausgebaut wurden“. Mit derselben Argumentation hatte die Versicherung auch das Feuer eines getesteten Tesla Model S mit Pyrotechnik selbst entzündet.

Fake-Feuer bei Crashtest: Elektroautos hatten gar keine Akkus

Statt aus eigener Kraft wurden die Autos „durch ein Zugfahrzeug über ein Zugband“ angetrieben. Dieses ist auf den Fotos und in den Videos auch zu sehen. Ein externer Antrieb (nicht aber die Entnahme wichtiger Bauteile) ist auch bei seriösen Crashtests durchaus üblich, schließlich sitzt kein Fahrer, sondern maximal ein Dummy hinterm Lenkrad. Durch die Entnahme der Akkus, das Einfluss auf Steifigkeit und Gewicht haben, dürfte sich das Crashverhalten allerdings verändert haben.

Fake-Feuer bei Crashtest: ADAC sieht kein Risiko bei E-Autos

Die Aussage der AXA-Crash-Show, nach der Elektroautos (wegen ihrer Akkus!) bei einem Crash ein besonderes Risiko darstellen können, steht im Übrigen im Widerspruch zu anderen Tests. So urteile der ADAC nach entsprechenden Crash-Fahrten in seinem Technikzentrum Zentrum Landberg am Lech: „Keines der aktuellen Elektroautos ist bislang bei einem Crashtest negativ aufgefallen. Im Vergleich mit herkömmlich angetriebenen Pkw ist die Sicherheit von Elektroautos wegen der optimierten Crashstruktur im Fahrzeug sogar oft besser.“

Erstmeldung vom 26. August 2022, 11:28 Uhr: Sind Autos mit Elektroantrieb unsicherer als konventionelle? Nicht erst, seitdem die EU ab 2035 ein Verbrenner-Verbot beschlossen hat, beschäftigt diese Frage viele Autofahrer. Vor allem die Gefahr von Bränden (ob in Einzelfällen wie diesem Tesla oder aufgrund von Produktionsfehlern der Akkus wie beim Chevrolet Bolt) ist immer wieder Thema. Insgesamt scheint nach bisherigen Praxis-Erfahrungen das Risiko bei Stromern aber nicht größer als bei Verbrennern.

Brennendes Elektroauto bei AXA-Crashtest
Für das spektakuläre Foto half die AXA-Versicherung per Pyrotechnik nach. © AXA

Der Versicherungskonzern AXA wollte es genau wissen und fuhr öffentlich zwei Crashtests mit Elektroautos. Der erste fokussierte auf den verwundbaren Unterboden mit den dort platzierten Akkus. Die Experten simulierten einen Unfall, der durch die gewöhnungsbedürftige Motorkraft der E-Autos ausgelöst wurde: „Die meisten Elektroautos, insbesondere die leistungsstarken, haben ein sehr hohes Drehmoment, welches sich beim Antippen des Strompedals unmittelbar bemerkbar macht. Es kann daher zu einer ungewollten, ruckartigen Beschleunigung kommen, welche der Fahrer oder die Fahrerin nicht mehr kontrollieren kann“, erklärt Michael Pfäffli, Leiter der Unfallforschung AXA Schweiz. Im Crashtest wurde angenommen, dass der Fahrer beim Beschleunigen die Kontrolle über ein Tesla Model S verliert, das sich dann auf einer Verkehrsinsel überschlägt.

Fake-Feuer bei Crashtest: Versicherung zündet Tesla selbst an

Die Fahrgastzelle blieb intakt, doch der Unterboden wurde tatsächlich stark beschädigt. Zwar ist die Antriebsbatterie durch zusätzliche Versteifungen der Karosserie vorne, hinten und seitlich sehr gut geschützt, nach Einschätzung der AXA-Forscher könnte es aber bei solch starken Beschädigungen zur Brandgefahr kommen: Auf dem Foto der AXA und auf den Medien zur Verfügung gestellten Videos ist denn auch zu sehen, wie der Stromer brennt.

Die spektakuläre Aufnahme zeigte allerdings ein Fake-Feuer. Denn der Akku hatte sich beim Crash gar nicht von selbst entzündet. „An einem Event mit rund 500 Personen war es aus Sicherheitsgründen nicht möglich, einen echten Batteriebrand zu entzünden, weshalb ein Brand mit Pyrotechnik inszeniert wurde“, teilte die Pressestelle der AXA in Köln auf Anfrage von 24auto.de mit: „Mit dem Feuer wollten die Unfallforscher:innen einerseits auf die Gefahr eines Zellbrandes hinweisen, der durch eine Unterbodenbeschädigung am Elektroauto entstehen kann, und andererseits auf die Problematik bei Bränden bei Elektrofahrzeugen generell hinweisen. Brände sind bei Elektroautos wie auch bei herkömmlichen Verbrennern glücklicherweise sehr selten. Im seltenen Fall eines Akkubrandes kann es aufgrund des sogenannten Thermal Runaways, also dem Durchbrennen der Batteriezellen, für die Einsatzkräfte allerdings heikel werden.“ 

Tesla im Crashtest: Auch zwei VW Golf krachten ineinander

Der andere Crashtest simulierte einen Frontalaufprall mit Tempo 50 zwischen einem konventionell angetrieben VW Golf VII und der Elektro-Version. Er sollte auf die unterschiedlichen Gewichtsklassen aufmerksam machen: Der E-Golf bringt rund 400 Kilogramm mehr auf die Waage als der Verbrenner.

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Das Ergebnis: Das leichtere Fahrzeug ist bei einem Crash im Nachteil, weil die Energiebelastung größer ist als beim schwereren mit Akkus. Da beide Fahrzeuge aber über moderne Sicherheitssysteme verfügen, werden die Effekte der Massendifferenz kompensiert und die Fahrgastzellen bleiben intakt. Anders würde es jedoch aussehen, wenn ältere Modelle ohne moderne Sicherheitsausstattung in einen Unfall verwickelt werden. Fahrer schwerer Fahrzeuge, wie es batterieelektrische nun einmal sind, sollten daher nach Einschätzung der Versicherung besonders umsichtig und rücksichtsvoll unterwegs sein.

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